GG 208

Pindarou Olympia, Pythia, Nemea, Isthmia.

Pindari Olympia, Pythia, Nemea, Isthmia. Andreas Cratander 1526. 8°.

Nach dem Erstdruck des Aldus Manutius in Venedig im Jahre 1513 (zusammen mit den Hymnen des Kallimachos, Dionysios und Lykophron) und einem zweiten Druck, nun mit alten Scholien, 1515 in Rom durch den Griechen Zacharias Kalliergis ist die vorliegende Ausgabe des jungen Winterthurer Freunds des Zürcher Reformators Huldrich Zwingli Jacob Ceporinus erst der dritte Pindardruck überhaupt. Auch die ersten Übersetzungen werden in Basel erscheinen, ebenfalls bei Cratander (GG 209), (GG 210)

Die Vorrede "an die Kandidaten der Sprachen" stammt von Huldrich Zwingli, von Zürich, 24. Februar 1526. Obwohl völlig unwürdig, Pindar, den grössten aller Dichter angemessen zu preisen, beginnt er, habe er Ceporinus, der zur Herausgabe und Kommentierung der alten Dichter geradezu geboren sei, seine Bitte um eine Vorrede nicht abschlagen können. Er fasse, nach der Sitte, Pindars Leben aus Suidas zusammen, preist darauf seine Bildung und Reinheit, möchte aber den Leser nicht mit einem Lobpreis seines Stils hinhalten. Kein griechischer Dichter trage aber so viel zum Verständnis der unübertrefflichen Lieder und Hymnen der Juden, d.h. der Psalmen, der Hiobgedichte bei. Diese seien Pindar und Horaz ebenbürtig, doch heute wolle man lieber selber gelesen werden als Fremdes kennenlernen, so dass dreitägige Dohlen aus den heiligsten Dichtern der Juden völlig falsche Deutungen herausquetschten. Da möge Pindar auch helfen, mit seinem Wortschatz die Wirklichkeit zu benennen. Die Kritiker, die die Lektüre eines heidnischen Dichters für eine Todsünde hielten, kümmerten ihn hingegen nicht. Er schlage nicht irgendwen zur Lektüre vor, sondern denjenigen, der mehr als alle Werke sämtlicher griechischer und lateinischer Dichter zusammen zur Erforschung der jüdischen Schriften beitragen könne. Durch sein Alter sei manches schwer verständlich, doch mit jeder Zeit müsse man sich erst vertraut machen. Dazu, dass nicht Pindars Formulierungen, sondern sein Geist dem heiligsten Zeitalter verwandt sei, dazu werde er sich in einem Nachwort äussern. Im übrigen sei die Ausgabe gegenüber ihren Vorgängerinnen verbessert, über kleine Setzerfehler möge man hinwegsehen. 

Das Nachwort (vom 1. März 1526) ist zugleich zu einem Nachruf auf Ceporinus geworden, der auch zur Zeit, da Zwingli die Vorrede verfasste, schon gestorben war. Er habe, beginnt er, in der Vorrede nicht Trauer aufkommen lassen wollen, doch Ceporinus, der ihm diese noch abgerungen habe, sei vor deren Niederschrift im Dezember 1525 in seinem 26. Lebensjahr gestorben, er, der ein langes Leben verdient hätte. Er habe Mathematik aus den griechischen Quellen studiert gehabt, Hebräisch bei Reuchlin gelernt, vieles mit ihm diskutiert, um der griechischen Literatur geben zu können, was er von jenem aus dem Allerheiligsten der Juden erhalten habe. Er habe den Text des Dionysius wiederhergestellt, Pindar verbessert, eine unübertreffliche Grammatik verfasst, besonders was die Dialekte betreffe (Dionysius Afer [GG 29] und Grammatik [GG 26] sind 1522 bei Valentin Curio in Basel erschienen). Die Jungen dürften ihr Leben nicht wie er durch Überlastung früh zu Grunde richten. Hierauf kommt Zwingli auf sein in der Vorrede angekündigtes Thema: dass Wörter im Laufe der Zeit ihre Bedeutung ändern könnten; Unkenntnis hiervon habe zu Fehlübersetzungen in der Septuaginta wie im Neuen Testament geführt. Da könnten Beispiele aus Pindar helfen, deren er viele aus Vorlesungen des Ceporinus beibringen könne. Doch heute wolle man nur das Neueste lesen, beim Schreiben gehe es zuletzt nicht um die Wahrheit, sondern den eigenen Vorteil. Da lägen die griechischen und lateinischen Autoren ungelesen, aus denen man unüberlegt einen Schatten von Bildung gezogen habe, in der selben Weise wie die Aquinaten, die Bernharde und Gregorii, die nur darum geschrieben zu haben schienen, um die besten Autoren vergessen zu machen. So sei man heute nur noch auf Ephemeres gierig und achte die Alten nicht mehr. Bösartige Kritiker, aber auch schlechte Dichter empfehle er nicht; die müsse man wie die Pest meiden; Pindar hingegen Tag und Nacht lesen. W 85.

Das Exemplar B c VII 143 hat, laut Eintrag auf der Titelseite, Jacobus Ceporinus 1525 seinem älteren Mitbürger Albanus Torinus, seit 1524 Dozent an der Basler Artistenfakultät, geschenkt (nachträglicher Eintrag des Torinus: später Faesch); das Exemplar B c VII 146 Nr. l hat 1767 der Basler Theologe und Professor für Griechisch Johann Jacob Spreng (1699-1768) mit zahlreichen Randnotizen der Bibliothek geschenkt, das Exemplar B c VII 648 Nr. l stammt aus katholischem Gebiet, weshalb Zwinglis Vor- und Nachwort fehlen und im zweiten Druck des Sammelbands der Name des Übersetzers Johannes Lonicerus jeweils getilgt ist.

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Bc VII 143 | Bc VII 146:1 | Bc VII 648:1

Illustrationen

Buchseite

Titelseite mit Druckermarke und handschriftlichen Eintragungen von Albanus Torinus und Faesch.

Buchseite

2*r: Vorrede des Huldrich Zwingli vom 24. Februar 1526, 1. Seite.

Buchseite

2*v/3*r: Vorrede des Huldrich Zwingli, 2. und 3. Seite.

Buchseite

3*v/4*r: Vorrede des Huldrich Zwingli, 4. und 5. Seite.

Buchseite

4*v/5*r: Vorrede des Huldrich Zwingli, 6. und 7. Seite.

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5*v: Vorrede des Huldrich Zwingli, 8. Seite.

Buchseite

1Ar: Anfang des Pindartextes.

Buchseite

1Phir: Nachwort des Huldrich Zwingli vom 1. März 1526, 1. Seite.

Buchseite

1Phiv/2Phir: Nachwort des Huldrich Zwingli, 2. und 3. Seite.

Buchseite

2Phiv/3Phir: Nachwort des Huldrich Zwingli, 4. und 5. Seite.

Buchseite

3Phiv/4Phir: Nachwort des Huldrich Zwingli, 6. und 7. Seite.

Buchseite

4Phiv: Druckermarke