GG 209

Pindari poetae vetustissimi, Lyricorumque omnium principis, Olympia, Pythia, Nemea, Isthmia, a Ioanne Lonicero latinitate donata. Basel: Andreas Cratander März 1528. 8°.

Zwei Jahre nach der griechischen Pindarausgabe (GG 208) erscheint bei Cratander die erste Gesamtübersetzung seiner Gedichte, nachdem gerade ein halbes Jahr zuvor als erster lateinischer Pindardruck überhaupt zwei Olympien in Hagenau erschienen waren. Gehen bei den Schriften der Kirchenväter die lateinischen Drucke voraus, um der Kirche erst einmal deren Inhalt bekannt zu machen - zumal die meisten Interessenten kaum genügend griechisch beherrscht hätten, so erscheinen hier, als Folge der Schwierigkeit einer Übersetzung wie in Hinblick auf ein anderes Leser- und Käuferpublikum, die Übersetzungen erst nach den Drucken in der Originalsprache, vorwiegend auch nicht für ein nur des Lateins kundiges Publikum, sondern als Hilfen bei der schwierigen Lektüre der Originale. Erster Pindarübersetzer, der unseres Druckes, ist der lutherische Theologe und Philologe Johannes Lonicerus (um 1499-1569), 1527-1569 Professor für Griechisch, zuletzt daneben auch für Hebräisch, an der damals neu gegründeten Universität Marburg. Er hat den Druck, nur mit Jahresdatum 1527, aus Frankfurt dem Hofprediger seines Herrn, des Markgrafen von Hessen, M. Adam gewidmet. 

Da Pindar, beginnt er, schamhaft und fromm sei und da die Studiosi so leichter den schwierigen Stil Pindars verstehen könnten, habe er es letztes Jahr gewagt, sich seine Übersetzung für einen Druck vorzunehmen. Aber auch als Übungsstoff für die Schüler in Tapferkeit und Rede sei er durch seine Stoffe geeignet. Die Wettkampfhymnen enthielten nur Lobesstoff: nach Abstammung, Erziehung, Vaterland, Verwandten. Einem Theologen einen Dichter zu widmen, fürchte er nicht, zumal einen, der es verdiente, vom höchsten Theologen gelesen zu werden. Nachahmung dürfte schwer sein; seinen Stoffen entsprechend - Götter, Heroen, Fürsten, Sieger - verwende er gewichtige Wörter, altertümliche Sätze. Angemessenes Lob sei ihm nicht möglich, aber Pindar empfehle sich selber genügend. Unter seinem, Adams, Schutz fürchte er anderseits keine Kritiker. Dürfe man ihm vorwerfen, Pindar in Prosa übersetzt zu haben, wenn Valla (Ilias 1474) und Volaterranus (Odyssee 1497) Homer in Prosa wiedergegeben hätten, auch wenn er ihnen nicht gleichkomme? Einiges habe er doch wohl geboten. Wenn das Büchlein bei den Studiosi Gefallen finde, wolle er seinen Pindar so mit Scholien ausstatten, dass jeder ihn leicht verstehen könne. Das ist denn auch geschehen.

B c VII 648 Nr. 2. Das Bändchen enthält als Nr. l den griechischen Pindardruck Cratanders von 1526, doch ohne Titelblatt, Vorrede und Nachwort des Zürcher Reformators Zwingli (GG 208); in Lonicers Übersetzung ist beide Male sein Name geschwärzt; Lonicer war lutherischer Theologe und als solcher früh Mitarbeiter Luthers gewesen: das von der Basler Bibliothek erst 1953 erworbene Bändchen muss im 16. Jahrhundert einem Besitzer in katholischem Herrschaftsgebiet gehört haben, der es sich sorgfältig hat binden lassen und alle Seiten nach alter Handschriftensitte gerahmt hat und es nicht dem Index hat opfern wollen.

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Bc VII 648:2

Illustrationen

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Titelseite mit Druckermarke

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2Ar: Vorrede des Übersetzers Johannes Lonitzerus aus dem Jahre 1527, 1. Seite.

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2Av/3Ar: Vorrede des Johannes Lonitzerus, 2. Seite (li); Anfang der Gedichte Pindars (re).

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7Lv: Kolophon

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8Lv: Druckermarke