GG 221

Phraseologia Isokratikē Hellēnikolatinē.

Phraseologia Isocratis Graecolatina: Id est, phraseon sive locutionum, elegantiarum ve Isocraticarum Loci, seu Indices numerosiszimi & copiosiszimi Graecolatini, ex ipso Isocrate rhetore suavisz. & eloquentiszimo observati & collecti: In gratiam omnium illorum qui serio graecari, & in lectione Rhetorum Graecorum, Philosophorum & Historicorum, cum fructu versari cupiunt: tum quoque adolescentum Graecae linguae studiosorum, qui Graeca argumenta cum Latinis coniungere solent. Per Michaelem Neandrum Soraviensem. Basel: Johannes Oporin März 1558. 8°.

Eine Sammlung von Ausdrucks- oder Redeweisen aus den Reden des Isokrates mit ihrer lateinischen Übersetzung, nach Loci communes - "Gemeinplätzen" - oder Wegweisern geordnet, d.h. hier nach lateinisch alphabetisch aufgereihten Überlegungen und Tätigkeiten eines Schriftstellers oder Redners, wie Absolvendi, Abstinendi, Abducendi (abschliessen, sich enthalten, abbringen - von Irrtümern); die ihrerseits durch einen Index der lateinischen Begriffe erschlossen sind. Michael Neander hat sein Vorhaben im voraus mit dem Drucker in Frankfurt - d.h. an der Buchmesse - besprochen, die Sammlung von einem seiner Schüler anfertigen lassen. Von diesem Johannes Mylius aus Gernrode ist zudem ein griechischer Geleitbrief an Johannes Oporin mitgedruckt. Spätestens zur Zeit des Druckes muss Mylius zudem schon Schulmeister in Ellrich bei Erfurt gewesen sein, denn ein Ilfelder Schulkamerad, der von dort stammt, Johann Gassman, hat ihm als solchem eine längere griechische und eine lateinische Elegie beigesteuert, Mylius seinerseits eine lateinische an Gassman.

Neander hat die Phraseologie am 28. März - gewiss des Druckjahrs und aus seinem Ilfeld - dem Drucker, seinem Freund Oporin gewidmet: Er habe den begabten und scharfsinnigen jungen Johannes Mylius aus Gernrode ermuntert, beginnt er, die attischen und eleganteren Redeweisen des Isokrates abzuschreiben und nach loci (d.h. loci communes, "Gemeinplätzen": Themen oder Tätigkeiten in diesem Fall) zusammenzustellen, und nicht aufgehört zu mahnen, bis er es vollendet gehabt habe (wieviel weniger schulmeisterlich geht Hieronymus Wolf in einem ähnlichen Fall vor, bei der Anfertigung der Gnomologia Demosthenica gut zehn Jahre später [GG 231]). Er habe auch geholfen, mit Rat, den dazugehörigen Büchern und ähnlichem. Er habe dann alles geprüft, bei schwierigeren Stellen Scholien zur Erklärung am Rand beigefügt, darauf geachtet, dass alles völlig korrekt und zum Lernen geeignet herauskomme und dass es sich bei ihm und andern Gelehrten bewähren könne. Er habe auch eine kleine Geschichte der besten griechischen Redner vorausgeschickt, wie sie ihm dazuzugehören scheine, um die Jünglinge mit den Autoren bekannt zu machen, aus denen sie Lebenslehren und anderes Nützliches entnehmen und vor allem sich die Redekunst aneignen könnten (diese Einführung ist hier nicht abgedruckt und scheint auch nicht anderweitig erschienen zu sein). Ausserdem sollten sie lernen, welche Autoren nachzuahmen, welche beiseite zu lassen seien, und sich darum eine gewisse Zahl aus der Menge auswählen, die sie sich durch wiederholte Lektüre vertraut machten. Aus diesem Grund habe er es vorgezogen, einen Autor nach Themen geordnet (in Phraseon locos resolutum) den Jungen vorzulegen, statt aus beliebigen Autoren Ähnlichkeiten ohne Auswahl zusammenzustellen. Er habe Isokrates als den feinsten der Redner ausgewählt. Ihm, Oporin, brauche er seine Lieblichkeit nicht zu beschreiben, nachdem er ihn mehrmals griechisch und lateinisch in seiner berühmten Offizin, der er mit seiner Gelehrsamkeit vorstehe, gedruckt habe (1546, 1548, 1553). Viele hätten ihn schon gepriesen und es hätten ihn auch schon Zeitgenossen hervorragend übersetzt, an erster Stelle sein, Oporins, verdienter Wolf. Doch füge auch er einige Zeugnisse bei. Ihn aber bitte er nur, die Arbeit, wie er sie vor einem Jahr (als er ihm einige Seiten des künftigen Werkes in Frankfurt gezeigt habe) gutgeheissen habe, jetzt zu drucken. Er habe ihm damals gesagt, dass ein solches Buch in den Schulen bisher immer vermisst worden sei. Und er habe gehört, dass manche den ganzen Demosthenes auf diese Weise in seine Teile zerlegt hätten. Andere sagten, dass andere das mit Thukydides getan hätten. Wenn diese ihre zum Privatgebrauch angelegten Sammlungen den studiosi hätten bekannt machen wollen, wäre die vorliegende Arbeit nicht nötig gewesen. Er hoffe aber, dass, was er nun als erster in dieser Art biete, den studiosi der griechischen Sprache nicht unwillkommen und unnütz sei. Es bereite sie auf die Lektüre der Redner, Philosophen und Historiker und schliesslich alle griechischen Prosaautoren vor, denn sie hätten hier in bestimmter Anordnung Ausdrucksweisen für sämtliche Stoffe, dazu in verschiedenen Abwandlungen. Und aus dem Vergleich der Ausdrucksweisen könne man das Wesen der griechischen Sprache erkennen. Zudem erleichtere das Werk auch die Lektüre anderer Autoren. Und viel besser als aus den Büchern, die als Syntax im Handel seien, lerne man hieraus die Unterschiede zwischen der griechischen und der lateinischen Syntax (die er als ehemaliger Professor an der Basler Universität ja besser kenne). Und schliesslich, da nun in der Helle aller Wissenschaften, die als Gabe Gottes nach der dichtesten Nacht endlich wieder aufgetaucht sei, an den meisten Orten Schulen entstanden seien, in denen die Knaben nicht nur Frömmigkeit und gute Sitten, sondern auch so viel Griechisch lernten, dass sie fast gleich gut auf griechisch wie auf lateinisch ein Thema behandeln könnten, wolle er deren Bemühungen unterstützen und ermuntern. Er zweifle nicht, dass die Jünglinge diese Absichten willkommen hiessen und einst denen dankten, die sie gefördert hätten, und nicht diejenigen priesen, die mit Zyklopengeschrei ihnen die Sprachen, die sie selber gar nie gelernt hätten, verhasst machen wollten. Oporin möge in seiner Freundschaft zu ihm nicht nachlassen, er hingegen wolle ihm die im Namen der Schüler versprochenen Arbeiten zu Theokrit, Pindar, Lykophron, Apollonius und andern sowie die riesigen Gnomologien, auf die er ihm so oft Hoffnung mache, und die täglich durch neue Beiträge aus den besten griechischen Autoren ins Unermessliche wachse, zu ihrer Zeit zukommen lassen (es scheint keines dieser Werke, zumindest nicht bei Oporin, erschienen zu sein; 1556 war in Basel bei Ludwig Lucius eine Aristologia Pindarikē Hellēnikolatinē erschienen [GG 211]). Er hingegen möge, wie er ihm versprochen habe, sobald etwas aus französischen oder italienischen Bibliotheken oder irgendwoher im Druck erscheine, was für seine Arbeiten nützlich sei, ihm dieses schicken. Auf einen Knoten habe er ihn noch hinzuweisen: die Briefe des Isokrates habe er unberührt gelassen und nichts in loci zergliedert, so dass sie vollständig griechisch-lateinisch am Schluss erscheinen sollten. Da aber der Überbringer dieses Buches (d.h. des Manuskripts) schon genug zu tragen gehabt habe (wir sehen: er ist zu Fuss unterwegs - ein Schüler Neanders?), habe er ihn nicht mit noch mehr Papier beladen wollen. Zudem habe ihm die Arbeit zur Abschrift gefehlt. Er bitte ihn daher, sie griechisch und lateinisch am Ende beizufügen, wenn er in seinen Geschäften dazu Zeit finde. Die anständigen Jünglinge würden ihm für jeden Brief einzeln danken und er tue es in ihrem Namen. Oporin hat sie (S. 574-623) mit der ja auch von Neander gerühmten Übersetzung Wolfs - aus seinem eigenen Verlag - beigegeben.

Im selben Monat hat Oporin - gewiss nicht zufällig, sondern als gegenseitige Ergänzungen aufeinander abgestimmt - eine Isocratis orationum omnium Analysis aus der Feder des Brugger Lehrers Conrad Clauser erscheinen lassen (GG 222). Im Exemplar D F VII 4 Nr. 1 Ex libris Bibliothecae Academiae Basiliensis (das sich so schlecht brauchbar nicht ein Privater hätte binden lassen) sind diese beiden Werke zu Isokrates zusammengebunden (Neander Nr. 1, Clauser Nr. 2); ebenso im Exemplar B c VIII 105 (Nr. 1) aus Besitz Socini.

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Bc VIII 105:1 | DF VII 4:1

Illustrationen

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Titelseite

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2alphar: Vorrede des Michael Neander mit einer Widmung an Johannes Oporin vom 28. März [1558], 1. Seite.

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2alphav: Vorrede des Michael Neander, 2. Seite.

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3alphar: Vorrede des Michael Neander, 3. Seite.

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3alphav: Vorrede des Michael Neander, 4. Seite.

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4alphar: Vorrede des Michael Neander, 5. Seite.

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4alphav: Vorrede des Michael Neander, 6. Seite.

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5alphar: Vorrede des Michael Neander, 7. Seite.

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1ar: Anfang der Phraseologia Isocratis des Michael Neander.

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8Qr: Kolophon.