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De infantium sive puerorum morborum, & symptomatum, dignotione, tum curatione Liber: ex Graecorum, Latinorum & Arabum placitis, atque scitis diligenter erutus, concinnatus, & in publicam utilitatem editus, a Sebastiano Austrio Rubeaquensi, apud Argentuariorum Colmariam Medico. Adiecti sunt in frontispicio Hippocratis Aphorismi, noviter natorum adfectus enumerantes. In calce vero huius libri Aphoristici sensus alij... Eorundem de bona valetudine tuenda... Basel: Bartholomaeus Westheimer August 1540. 8°.

Um 1485 war in Löwen das erste umfassende Werk über Kindermedizin erschienen, der Libellus egritudinum infantium des Cornelius von Mecheln: Cornelis Roelans (1450-1525), Spital- und Stadtarzt von Mecheln, Hofarzt der Witwe Karls des Kühnen Margarethe von Österreich, mit Widmung an Philipp den Schönen. Dieses vorwiegend aus der arabischen - lateinisch übersetzten arabischen Medizin schöpfende stark theoretisch angelegte Werk ist hier, für den praktischen Gebrauch der Ärzte und für die Studenten der Medizin, aus griechischen Quellen zeitgemäss erneuert. Autor ist der damalige Colmarer Arzt Sebastian Ostericher aus Ruffach. Er hatte ab 1520 in Freiburg studiert, dann hier als Dozent der Grammatik und Physik gewirkt, 1537-1545 als Arzt in Colmar, Ende 1545 bis zu seinem Tod 1550 als Professor der Medizin in Freiburg. Noch am 25. Oktober 1545 hat er Beatus Rhenanus, offenbar als dessen Hausarzt, aus Colmar eine Arznei nach Schlettstadt gesandt. Gewidmet hat er sein neues Werk Erzherzog Ferdinand von Österreich, König von Ungarn und Böhmen, dem späteren Kaiser Ferdinand I., aus der Reichsstadt Colmar, ohne Datum.

Nichts sei auf ein Mal so erfunden worden, beginnt er die Widmung, dass nicht vieles durch Spätere hinzugebracht und verbessert worden sei, in der Philosophie wie in den sog. Freien Künsten, natürlich auch in der Medizin, in der allerdings bis dahin, von den meisten 'Arztfreunden' (Philiatri) so gefaselt worden sei - Avicenna und allen Arabern sei dieser Fehler gemeinsam gewesen -, dass auf dem Weg, den einer eingeschlagen habe, alle übrigen ohne jede Kritik, wie Manardi sage, nach Art der Schafe gefolgt seien. Als Beispiel führe er das Werk über die Kinderkrankheiten von einem gewissen Cornelius, Stadtarzt von Mecheln, an, das dieser seinem Vater Philipp gewidmet habe, das zwar recht gelehrt sei, aber so voll von Lehren Avicennas und des Razes, dass es von Fehlern wimmle, von ungebräuchlichen Bezeichnungen für Krankheiten und Arzneimittel, dass man damit keinem kranken Kind helfen könne. Seine Lektüre würde den gelehrten Fürsten eher von der Medizin abstossen als ihn festhalten, da es nichts als arabisches Zeug schwatze, ohne je an das Griechische als Quelle der ganzen Sache zu denken. So sei es natürlich immer wieder unverständlich in seinen Bezeichnungen der Krankheiten, ihrer Ursachen und Behandlungen, zum Nachteil - bis zum Tode - der Kranken. Daher stelle er dieses Werk zur Heilung der Kinderkrankheiten, wie es einst dem heroischen Blute Österreichs gewidmet worden sei, für seine zahlreichen Nachkommen reiner, reichhaltiger, wie neu geboren, aus der Barbarei in sein Vaterland zurückgebracht wieder her, das nichts als die wahren Lehren des Hippokrates und Galens enthalte. Ausser ihn zu unterhalten, werde es die dumme Meinung des Volkes widerlegen, kranken Kindern könne man wegen ihres zarten Alters keine Hilfe bringen, zu dumm um zu wissen, dass die Natur zahlreiche Mittel zur Vermehrung und zur Erhaltung des Menschengeschlechts ausgedacht habe, zur Hilfe bei Mängeln der Zeugung, d.h. bei Unfruchtbarkeit, während der Schwangerschaft, beim Gebären, im Wochenbett, bei der Reinigung und beim Säugen der Kinder, zu ihrer Bewahrung vor und Heilung von Krankheiten, was alles im vorliegenden kleinen Werk der Reihe nach behandelt werde. So habe Hippokrates naheliegend die Natur gerecht, Aristoteles sie ein ökonomisches Gut, einen Familienvater genannt. Dies sei von Avicenna und Razes und ihren Gefolgsleuten angefochten, in der Zusammenfassung im Buch des Cornelius unter barbarischem Schmutz verschüttet und abgestorben, hier aber wahrheitsliebend zu neuem Leben erweckt worden. - In Freiburg, wo Ostericher vor und nach seinen Colmarer Jahren gewirkt hat, gab es 1540 einen einzigen - zudem nicht allzu bedeutenden - Buchdrucker, den 1529 aus Basel nach Freiburg übergesiedelten altgläubigen Johann Faber Emmeus; dass er sein Werk nicht ins nähere Strassburg zum Druck gegeben hat, sondern an einen Basler Drucker, dürfte daher rühren, dass in Basel ungleich mehr medizinische Werke als dort in jenen Jahren erschienen sind.

Vermutlich aus Besitz eines Dr. J. R. Gyger, wohl des Zürcher Stadtarztes Johann Rudolf Gyger (1603-1662), der zunächst als Giger im Juni 1621, dann als Gygerus 1621 an der medizinischen Fakultät in Basel immatrikuliert, neben seiner Stellung als Stadtarzt von 1637 an auch Professor der Physik in Zürich gewesen ist (das Bändchen enthält noch zwei weitere medizinische Basler Drucke von 1529 und 1542, so dass Johann Rudolf Gyger kaum sein erster Besitzer gewesen ist; möglicherweise sein Vater, ebenfalls Mediziner): L m V 1 Nr. 3

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Lm V 1:3

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Vorrede des Herausgebers Sebastianus Austrius an Erzherzog Ferdinand von Österreich, den späteren Kaiser Ferdinand I., aus Colmar ohne Datum, 1. Seite

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Vorrede, 2. und 3. Seite

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Vorrede, 4. und 5. Seite

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Vorrede, 6. und 7. Seite

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Inhaltsverzeichnis: die Krankheiten werden "gemäss der Anordnung des ganzen Körpers" angeführt.

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