GG 441

D. Epiphanii episcopi Constantiae Cypri, Contra octoaginta haereses opus, Panarium, sive Arcula, aut Capsula Medica appellatum, continens libros tres, & tomos sive sectiones ex toto septem: Iano Cornario Medico Physico interprete. Eiusdem D. Epiphanii Epistola sive liber Ancoratus appellatus, docens de vera fide Christiana. Item Eiusdem D. Epiphanii Anacephaleosis, sive summa totius operis Panarij appellati, & contra octoaginta haereses conscripti. Eiusdem D. Epiphanii Libellus de mensuris ac ponderibus, & de asterisco ac obelo, deque notis ac characteribus in divinae scripturae interpretibus, per Origenem usurpatis. Omnia per Ianum Cornarium Medicum Physicum nunc primum Latine conscripta. Basel: Robert Winter September 1543. Fol.

Ein halbes Jahr vor der griechischen Erstausgabe sämtlicher damals greifbarer Schriften des Bischofs von Konstantia auf Zypern Epiphanios (mit Ausnahme seiner kleinen Schrift über die Propheten, die schon 1529 in einer Biographiensammlung des Torinus in Basel erschienen war [GG 440]) bei Johannes Herwagen durch Johannes Oporin (GG 442) erscheint bei dessen Schwiegervater Robert Winter deren erste lateinische Übersetzung, aus der Feder des Arztes, Herausgebers und Übersetzers zahlreicher griechischer medizinischer Werke Janus Cornarius, damals Stadtarzt von Frankfurt. Oporin hatte, wie wir seiner Widmung der griechischen Ausgabe entnehmen können, nach mehrjähriger vergeblicher Suche nach einem Mitträger des finanziellen Risikos eines griechischen Drucks in kirchlichen Kreisen - bei Bischöfen und Äbten - sich entschlossen, das Werk zuerst übersetzen zu lassen und die lateinische Übersetzung als Wegbereiterin vorauszuschicken, und daraufhin Herwagen als Teilhaber für diese griechische Ausgabe gewinnen können.

Cornarius hat sie von Frankfurt aus am 1. November 1542 dem Landesherrn seiner Heimatstadt, Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, gewidmet. Gott habe gewollt, beginnt er, dem Gegenstand entsprechend, seine Widmung, dass er vor nun zwei Jahren den hervorragendsten unter den griechischen Theologen, Basilius, für lateinische Menschen übersetzt habe (erschienen bei Froben und Episcopius 1540 [GG 451]); denn sein Vorankommen sei nicht menschlichen Kräften zuzuschreiben gewesen, dass er innert eines Jahres das ganze Werk mit Kollation dreier Vorlagen und hie und da unter Beizug der Lesart früherer Übersetzer in manchen Schriften, um ein - soweit ihm möglich - vollkommenes Werk herauszugeben, abgeschlossen habe. Sämtliche Fehler zu vermeiden vermöge kein Übersetzer. Nach diesem gottgewollten Erfolg habe es ihm richtig geschienen, um der studiosi wie seiner selber Willen in der Lektüre der grossen Theologen fortzufahren. Gewisse Theologen hätten ihn mit ihrer Zustimmung dazu ermuntert und ihn bei der Arbeit unterstützt. Deshalb habe er, zum allgemeinen Nutzen, das Werk des Epiphanius angegangen und ins Lateinische übersetzt. Und er habe es seiner Qualität und seiner Seltenheit wegen, da es bis dahin weder griechisch noch lateinisch gedruckt noch ins Latein zu übersetzen begonnen worden sei, umso freudiger getan. So habe Augustin den Quod vult deus in Häresienfragen auf Epiphanius verwiesen, der in der Glaubenslehre löblich verschrieen sei, und ihn gefragt, ob er ihm dessen Werk senden solle. Er habe gelehrter darüber geschrieben als Philastrius und könne in Karthago leichter ins Lateinische übersetzt werden (1528 hatte Heinrich Petri in Basel eine Sammlung Antidotum gegen die verschiedensten Häresien [GG 435], 1528/29 den Haereseōn catalogus des Bischofs von Brescia gedruckt). Cornarius bedauert, dass Quod vult deus es nicht getan habe; seine Arbeit wäre nicht nötig gewesen oder er hätte ihm wenigstens als Wegweiser, als Beleg der Echtheit gedient. So habe er ohne diese Hilfe nach einer einzigen Vorlage sein Bestes gegeben, Epiphanius getreu zu übersetzen, nämlich nichts hinzuzufügen und nur offenkundig Verderbtes - was es nicht wenig gegeben habe - zu ändern. Genützt habe ihm da, dass Epiphanius manches gegen verschiedene Häresien mehrmals wiederhole, so dass er aus einer Stelle eine andere verderbte habe verbessern können. Ausserdem sei ihm, da Epiphanius einen guten Teil aus Irenaeus wörtlich abschreibe, der Beizug eines lateinischen Exemplars des Irenaeus nützlich gewesen, obwohl dieses voller Fehler übersetzt sei und mehr hier aus Epiphanius habe verbessert werden können als er ihm bei der Übersetzung des Epiphanius geholfen habe, so dass es seltsam sei, dass der doch sonst hierin scharfsinnige Erasmus von Rotterdam gemeint habe, Irenaeus habe selber lateinisch geschrieben. Wenn Quid vult deus Epiphanius übersetzt hätte, wüsste man, ob dies das Werk des Epiphanius sei, von dem Augustin spreche. Denn das Panarium (Brotkorb) genannte Werk scheine er nicht gekannt zu haben. Da Epiphanius so ausführlich von Entstehung, Herkunft, Inhalt der Häresien handle, ihre Irrtümer zurückweise und das Richtige vertrete, könne er sich kaum vorstellen, wie Augustin an Quod vult deus habe schreiben können, dass sein Epiphanius von Zypern, vor kurzem verstorben, in sechs Büchern über achtzig Häresien geschrieben habe, in historischer Darstellung, ohne Auseinandersetzung mit Falschheit und Richtigkeit. Und dass die Büchlein kurz und alle sechs noch nicht einem der seinen an Umfang gleich seien. Das zeige deutlich, dass Augustin das grosse Werk des Epiphanius nicht besessen habe (das Panarium füllt in unserer Ausgabe 532 der insgesamt 624 Seiten). Er habe wohl die den Büchern vorangestellten Zusammenfassungen und kurze Büchlein gemeint oder die eigene Kurzfassung des Epiphanius, die hier dem Werk am Schluss beigegeben sei (S. 595-610). Diesem aber sei Augustin in keiner Beziehung ebenbürtig. Entweder kenne es Augustin also nicht oder das wirkliche Werk des Augustinus sei nicht erhalten oder er habe sein Versprechen nicht eingelöst. Wegen seiner Ausführlichkeit in der Widerlegung der einzelnen Häresien sei das Werk des Epiphanius gerade jetzt vonnöten. Dass doch auch heute die vermeintlichen Häresien auf ähnliche Weise von denen widerlegt würden, die nach eigenem Recht die Bücher und die Häretiker zu verbrennen wagten oder, wo das nicht möglich, den Bücherimport verhinderten, was auch die einzelnen Sekten untereinander täten. Epiphanius wäre ein gutes Beispiel, wenn die vom wahren Glauben abweichenden Lehren von den Rechtgläubigen wie bei ihm mit Schriftzeugnissen zurückgewiesen würden. Doch es sei leichter zu verurteilen, auszuschliessen und zu verbrennen, als zu widerlegen und Besseres zu bieten. Doch es erwarte auch diese Tyrannen unter dem Trugbild des Glaubens ihre Strafe und sie entgingen nicht dem geduldigen Auge Gottes. Wenn nach dem Verfahren des Epiphanius die Häresien offengelegt und ihre aus Fehldeutung der christlichen Lehre entstandenen Irrlehren widerlegt würden, würden viele zur richtigen Lehre zurückkehren. Jetzt hole jene Gewaltherrschaft nicht nur niemand zurück, sondern entfremde weitere, die die Grausamkeit verabscheuten, sogar wenn einer der Häresie überführt wäre. Wie könne Eintracht in der Kirche einkehren, wenn jene Tyrannei so weiterwüte, ohne Beispiel in der frühen Kirche. Die Arianer hätten die Rechtgläubigen verfolgt. Mit Paulus solle man einen Häretiker nach der zweiten Mahnung meiden aus der Überzeugung, dass er verdammt sei. Wenn aber die Christenheit nicht zur Eintracht zurückfinde und man in der Behandlung der Häretiker nicht dem Beispiel der alten Theologen folge, sei zu befürchten, dass mit der wahren Frömmigkeit auch sämtliche Bildung und Wissenschaft zugrunde gehe. Daher fürchte er es nicht, wenn einige seine Übersetzung tadelten, da man solche Häresien unterdrücken, nicht veröffentlichen müsse, damit niemand dadurch verführt werde; denn die Übel würden hier doch nicht zur Befolgung, sondern zur Vermeidung dargestellt, zur Kenntnis der Schliche des Teufels. Wie man auch Gift und giftige Tiere zum Schutz vor Gebrauch beschreibe. Das solle bei Häresien umgekehrt sein? - Er hoffe, das Werk sei Seiner würdig, das er nun 13 Jahre nach dem Dioskurides ihm widme. In der Zwischenzeit habe er nicht nichts herausgegeben, sondern so vieles aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt wie niemand zuvor: aus der Philosophie, der Physik, Medizin und Theologie, doch nichts sei Seiner gleich würdig gewesen wie dieser Epiphanius. Da er hart sei in der Unterdrückung und Austreibung der Häresien, müsse dieses Buch Seiner würdig sein, das gleich eifrig die Sekten auszulöschen und die Gottesfurcht wiederherzustellen trachte. Da er ihm, seinem Landesherrn, nicht persönlich an Ort nützen könne, hoffe er, dass dieser Dienst ihm gefalle. Er freue sich, in seinem Land Unzählige vor sich zu sehen, dass er nicht gebraucht werde, so ruhmvoll sei sein Vaterland schon ohne die, die im Ausland lebten. Von den Ansässigen wolle er nur Philipp Melanchthon nennen, seinen langjährigen Lehrer und Freund. Er schätze dieses Werk so, dass er zuerst seine Publikation für die studiosi durch den berühmten Johann Lang in Erfurt habe erwirken wollen, es dann dem Professor beider Sprachen Johannes Oporin gesandt habe, dass er es zusammen mit dem Drucker Robertus Chimerius (Robert Winter) herausgebe (Lang - um 1487-2.4.1548, Reformator Erfurts, war Ordensbruder und lebenslanger Freund Martin Luthers gewesen, Theologe und Professor der Aristotelischen Philosophie in Erfurt). Diese beiden hätten, um sich auch um die lateinische Sprache und die des Griechischen nicht mächtigen studiosi verdient zu machen, ihn dazu veranlasst, nach der Übersetzung des Basilius sich auch das Werk des Epiphanius vorzunehmen, das er nun in neun Monaten übersetzt habe. Und das neben seiner ärztlichen Tätigkeit, die er nun schon zwanzig Jahre ausübe. Doch hier habe er Gottesfurcht und Christenlehre für wichtiger gehalten als seinen Beruf und Verdienst, zumal er gewisse bedeutende Theologen das habe gutheissen sehen: Philipp Melanchthon bei einem Besuch auf dem Rückweg vom Wormser Reichstag (colloquium) im Beisein des Vizekanzlers Seiner Hoheit Franz von Weimar und andere. Er hoffe aber, dass dieser Ausflug in die Theologie ihn ansporne, wieder zu Hippokrates und Galen zu eilen, wenn er hiermit den studiosi nützen könne, da einige durchaus Geschmack an ihnen bezeugt hätten. Worauf Cornarius als kurze Einführung Epiphanius zeitlich einordnet: unter Valens und Gratian, Zeitgenosse Basilius des Grossen, Gregors des Theologen (von Nazianz) und des Chrysostomus, Gegner des Häretikers Origenes, worüber er sich mit Chrysostomus zerstritten habe. In der Historia Ecclesiastica Tripartita habe wohl jemand, dem Origenes wohlgesinnt, die Widerlegung seiner Häresie durch Epiphanius entfernt. Dass Epiphanius darin Recht gehabt habe, bezeugten aber Hieronymus - den Cornarius kurz zitiert - und Augustin. Diesen Autor widme er ihm, wozu er hier die Gottesfurcht des Fürsten hervorgehoben habe, sich den Preis seiner Heldentugenden für eine andere Gelegenheit vorbehalte.

Ex libris Bibliothecae Academiae Basiliensis: F J IV 1

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: FJ IV 1

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Vorrede des Herausgebers Janus Cornarius an Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, datiert von Frankfurt, den 1. November 1542, 1. Seite

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Vorrede, 2. Seite

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Anfang von 'Contra octoaginta haereses'

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