GG 93

Diogenous Laertiou Peri biōn, dogmatōn kai apophthegmatōn tōn en philosophia eudokimēsantōn, biblia deka, nyn prōton entypothenta.

Diogenis Laertij De vitis, decretis, & responsis celebrium philosophorum Libri decem, nunc primum excusi. Basel: Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius 1533. 4°.

Erster griechischer Druck der nach den Schulhäuptern gegliederten Sammlung der Lebensbeschreibungen, Lehren und Aussprüche der berühmt(er)en antiken (griechischen) Philosophen aus der Feder des spätantiken Philsophiehistorikers Diogenes Laertios (aus Laerte in Kleinasien? 3. Jh.), nachdem das Werk in der lateinischen Übersetzung des Ambrogio Traversari aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts von ca.1472 bis 1524 schon zwölfmal erschienen war, davon achtmal in Italien, dreimal in Paris und zuletzt 1524, nach einer griechischen Handschrift - wohl der dann auch hier zugrundegelegten - ergänzt und verbessert in Basel (GG 92). Die Handschrift haben die Drucker vom bedeutenden Wittenberger Gräzisten und Hebraisten Matthaeus Aurigallus, dessen Schrift über hebräische geographische Namen auch in Basel nachgedruckt worden ist, zur Verfügung gestellt bekommen, worauf sie auch in ihrer Vorrede aus ihrer Offizin vom 14. März 1533 an die studiosi hinweisen, die im übrigen von ihren Druckerplänen und dem Inhalt des vorliegenden Werkes handelt. 

Täglich wachse ihr Verlangen, beginnen sie, die höheren Studien zu fördern. Hiermit möchten die Möglichkeiten schritthalten, diese Arbeit zum öffentlichen Nutzen der studiosi aufzuwenden. Sie meinten, genügend Gewinn gemacht zu haben, wenn sie feststellten, dass ihre Arbeit den Gelehrten und ernsthaften Studenten willkommen und fruchttragend sei. Doch bei allen Erfolgen dürfe man in diesem Geschäft nicht ruhen. Es solle also aus ihrer Offizin jedes Jahr etwas für die studiosi beider Sprachen Unterhaltsames und Nützliches hervorgehen, jetzt neben anderem das Werk des Diogenes Laertius über Leben, Aussprüche und Lehren der berühmten Philosophen, das in der Übersetzung des Mönchs Ambrosius schon lange in aller Hände sei, eines recht gelehrten Mannes, dem alle philologoi sehr viel verdankten. Diese Sammlung mehr von kurzen Hinweisen als von Aussagen sehr vieler Autoren habe nur ein vielseitig gelehrter und erfahrener Mann ins Lateinische übersetzen können (Curio, der 1524 die Verbesserungen seiner neuen Ausgabe hervorhebt, urteilt hierüber allerdings weniger positiv). Und doch werde man bei einem Vergleich des griechischen mit dem lateinischen Diogenes des Ambrosius leicht den Unterschied zwischen der reinen Quelle und dem immerhin nicht so trüben Tümpel feststellen. Wer jedoch Diogenes Laertius gewesen sei, habe man noch nicht erkennen können. Es gebe keine Vorrede von ihm, sondern er beginne nach Art des Aristoteles sogleich mit dem Stoff, und er werde, soviel sie wüssten, von niemand im Altertum zitiert. Laertius heisse er nach der Stadt Laerte in Kilikien (man weiss auch heute kaum mehr über ihn, auch die Herkunft aus Laerte ist immer noch nur eine Hypothese). Er müsse in den alten Autoren sehr bewandert gewesen sein und zitiere sie gewissenhaft. Das wäre sehr praktisch für die studiosi, wenn alle namentlich aufgeführten Autoren erhalten wären (da man dann noch mehr Ansätze für ausführlichere Lektüre in ihm hätte), obwohl er mehr Eifer auf das Sammeln als Urteil auf die Auswahl und Anordnung verwandt zu haben scheine (dies entspricht schon vollkommen seiner heutigen positiven wie negativen Beurteilung). In den Aussagen der Philosophen sei er knapper als erwünscht und gestehe zuweilen, viel weggelassen zu haben. Im Sammeln von Epigrammen sei er hinwieder zu gewissenhaft, indem er oft seine eigenen Verslein beifüge, die kaum etwas zur Sache täten, so dass man argwöhnen könne, er habe sich sein Werk vorgenommen, um seine kleinen Gedichte der Nachwelt aufzudrängen. Sonderbar aber, dass Ambrosius aus Überdruss an diesem Teil des Werkes, wie seiner unwürdig, verzichtet habe, die zahlreichen Verse metrisch gleich wiederzugeben, obwohl dies nicht wenig zum Schmuck des Stoffes beitrage. Wenn ihm selber Sinn, Übung oder Zeit dazu gefehlt habe, habe er diese Aufgabe an andere delegieren können, was Theodorus Gaza bei der Übersetzung der Schriften des Aristoteles getan haben solle, wie Hausfreunde von ihm berichteten. Dies zu ergänzen dürfte jetzt jedem Gelehrten leichtfallen, da nun der ganze Diogenes griechisch vorliege. In einigen Aussprüchen der Philosophen habe es Obszönes; daher eigneten sich diese Bücher mehr für Gelehrte als für das zarte Alter. Doch diese Unbequemlichkeit müsse man in den meisten Büchern der alten Griechen schlucken: man müsse hier dem Beispiel der Ärzte folgen, die in den selben Gärten und Wiesen Heilpflanzen sammelten, in denen Schierling und Wolfswurz wüchsen. Es sei aber dienlich, auch die Gifte zu kennen, damit man sie erkenne. Die Druckvorlage - exemplar, in diesem Fall eines Erstdrucks eindeutig eine Handschrift - habe ihnen der berühmte Professor des Hebräischen und Griechischen Matthaeus Aurigallus zukommen lassen, worauf sie hinweisen müssten, damit auch er seinen Anteil am Ruhm erhalte. Wenn die studiosi diesen Druck so redlich aufnehmen sollten, wie sie ihn dienstbeflissen zur Verfügung stellten, würden sie freudiger Grösseres anpacken, das auch mehr Nutzen bringe (im selben Jahr sind bei Froben und Episcopius u.a. die griechischen Erstdrucke der Geographie des Ptolemaeus [GG 277] und des Periplus Arrians [GG 250] erschienen).

Das Basler Exemplar B c III 143 Nr. 2 Ex libris Universit. Basil. ist aus der Zeit sinnvoll zusammengebunden mit dem griechisch-lateinischen Druck Johannes Herwagens von Plutarchs Schrift über die Lehrmeinungen der Philosophen Peri tōn areskontōn tois philosophois... von 1531. Ein zweites Exemplar findet sich im Frey-Grynaeum: Frey-Gryn. L III 29.

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Bc III 143:2

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Vorrede an die Leser von Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius, datiert vom 14. März 1533, 1. Seite

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Vorrede an die Leser von Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius, datiert vom 14. März 1533, 2. und 3. Seite

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Kolophon (auf Griechisch) und Index der Signaturen