GG 191

Kointou Kalabrou kai sophōtatou poiētou paraleipomenōn homērou biblia tessareskaideka.

Quinti Calabri antiquissimi et sapientissimi Poëtae Praetermissorum ab Homero libri quatuordecim: quibus Troianum historiam ab Homero derelictam graviter & splendide prospectus est. Basel: Sixtus Henricpetri März 1569. 8°.

Im 15. Jahrhundert hatte Kardinal Bessarion in einem Kloster in Kalabrien eine Handschrift dieser Fortsetzung der Ilias Homers, die natürlich für sehr alt gehalten wurde, gefunden. Sie ist nicht mehr erhalten, doch Abschriften aus dem 15. Jahrhundert. Nach einer dieser Abschriften, einer offenbar recht fehlerhaften, ist, mit einigen Korrekturen und Ergänzungen, um 1505 in Venedig bei Aldus Manutius der erste Druck in winziger Type im Oktavformat erschienen; er enthält, wie dann auch unser Druck, ebenfalls schon Tryphiodors Epyllion über den Untergang Troias und des Kolluthos Raub der Helena. Die Basler Bibliothek besitzt ein sehr schön gebundenes Exemplar aus dem Besitz der Gebrüder - vielleicht zuvor schon des Vaters - Amerbach. Unser seitengleicher Nachdruck ist erst die zweite Ausgabe des dichterisch nicht besonders hochstehenden Werkes des Quintus von Smyrna, welche Namensform für den Autor erst die Bipontina von 1807 eingeführt hat, deren Herausgeber Th. Ch. Tychsen an der Ausgabe Henricpetris nur die eleganten Typen nennenswert gefunden hat, da die Zahl ihrer Fehler gegenüber der Aldina nur durch neue Irrtümer der Druckergesellen vermehrt worden sei. Das im vierten Jahrhundert nach Christus entstandene Gedicht behandelt in homerischer Sprache mit alexandrinischer Metrik in vierzehn Büchern "das von Homer Übriggelassene aus dem Krieg um Troia", vor allem nach dem Stoff des sog. Epischen Kyklos in den dem Dichter vorliegenden mythologischen Handbüchern, aber auch nach Vergils Aeneis, vom Tode Hektors bis zum Untergang Troias: in den Büchern 1-5 nach der alten verlorenen Aithiopis (Kampf der Griechen mit den Troia zu Hilfe geeilten Amazonen), 6-10 nach der sog. Kleinen Ilias, die die Ereignisse von Hektors Tod bis zum Untergang Troias erzählte, und 11-14 nach der Iliupersis (vom Bau des Hölzernen Pferdes - Laokoon - bis zur Flucht des Aeneas und der Abfahrt der Griechen). Unser Druck hat die Aldina auch in der winzigen griechischen Kursivtype nachgebildet, immerhin mit etwas weniger Ligaturen, dafür aber auf schlechtem Papier, das den Text nicht besser lesbar gemacht hat. 

Zwar nicht ein Unikum, aber auch eine Seltenheit ist sie durch ihre Widmung, die der Betreuer der Ausgabe, der Jurist und Pädagoge Johannes Thomas Freigius, auf griechisch verfasst hat und die fast zehn solch eng bedruckte Seiten füllt. Er hat die Ausgabe den berühmtesten Gräzisten der damaligen deutschen Universitäten gewidmet: Johannes Hartung, seinem ehemaligen und späteren Freiburger Kollegen, Hieronymus Wolf in Augsburg, Theodor Zwinger in Basel, Wilhelm Xylander in Heidelberg und Martin Crusius in Tübingen. Von Basel 1569 datiert, bietet die Widmung, immerhin mit einigen wenigen marginalen lateinischen Inhaltshinweisen, eine Verteidigung der Dichtung, die zu unrecht als unernst und unnütz getadelt werde. Die Dichter schüfen sprachlichen Schmuck und Beschreibungen von Gestalten, von Göttern, und von Naturereignissen wie Stürmen, Gewittern. Sie nützten auch durchaus durch Beispiele von Tugenden wie durch abschreckende Darstellung von Lastern und Bestrafung der Schuldigen, durch Genealogien wie durch Geschichten berühmter Männer. Einer längeren Passage über Homer und die Geschichte seines Textes folgt eine Einführung in die vierzehn Bücher des Quintus "Calaber", deren Stil dem Homers gleichkomme, sowie die Begründung der Widmung, nachdem der Drucker zur Rettung des Werkes den Druck vorbereitet habe. Immerhin lag der damals einzige zur Verfügung stehende Druck über sechzig Jahre zurück: es waren kaum mehr viele Exemplare in irgendwelchem Besitz auffindbar; man konnte durchaus, wie in andern Fällen in diesen Jahren, mit der Möglichkeit rechnen, dass auch diese wenigen Exemplare mit der Zeit zu Grunde gingen, wie zuvor Handschriften. Das Troiagedicht Tryphiodors, das 1559 zusammen mit dem Raub der Helena des Kolluthos auch schon bei Oporin erschienen war (GG 314), hat Johann Jacob Grynaeus dann 1578 auch in seine Diodorausgabe bei Heinrich Petri aufgenommen (GG 247).

B c VII 190

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Bc VII 190

Illustrationen

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Titelseite

Buchseite

2alphar: Griechische Vorrede des Juristen und Pädagogen Johannes Thomas Freigius an Hieronymus Wolf in Augsburg, Theodor Zwinger, Wilhelm Xylander und Martin Crusius, Basel, 1569, 1. Seite.

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2alphav/3alphar: Vorrede des Johannes Thomas Freigius, 2. und 3. Seite.

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3alphav/4alphar: Vorrede des Johannes Thomas Freigius, 4. und 5. Seite.

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4alphav/5alphar: Vorrede des Johannes Thomas Freigius, 6. und 7. Seite.

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5alphav/6alphar: Vorrede des Johannes Thomas Freigius, 8. und 9. Seite.

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6alphav/7alphar: Vorrede des Johannes Thomas Freigius, 10. Seite, gegenüber der Beginn der "Posthomerica" des Quintus Smyrnaeus.

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4yr: Kolophon