GG 319

Hippokratous Kōou iatrou palaiotatou, pantōn allōn koryphaiou, biblia hapanta.

Hippocratis Coi medici vetustissimi, et omnium aliorum principis, libri omnes, ad vetustos Codices summo studio collati & restaurati. Basel: Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius 1538. Fol.

1526 war die erste Gesamtausgabe hippokratischer Schriften in Venedig bei Manutius erschienen, nicht nach den besten Handschriften. 1529 waren zwei Schriften griechisch in der Officina Frobeniana von Cornarius (GG 316), 1536 zwei weitere bei Heinrich Petri von Albanus Torinus herausgegeben worden. Hier erscheint nun die zweite Gesamtausgabe; sie beruht auf weiteren Handschriften und wurde in der Folge der Aldina vorgezogen. Herausgeber ist wieder der Arzt und Humanist Janus Cornarius (Hainpol, Zwickau um 1500-1558), der 1528 mehrmals in Basel geweilt hatte, hier mit Bonifacius Amerbach, Froben, Bebel und Erasmus zusammengetroffen war. Neben seiner ärztlichen Tätigkeit hat er sich um die Neuentdeckung der griechischen Medizin über die arabisch-lateinische Überlieferung hinaus mit zahlreichen Ausgaben griechischer Ärzte verdient gemacht. Zur Zeit unseres Druckes ist er als Arzt in Nordhausen tätig. Seine Widmung an den Kanzler Karls V. Matthias Helt (aus Arlon), einen scharfen Gegner der Protestanten, datiert schon vom 26. März 1536. Homers Versen und Jupiters Blitz an Erhabenheit vergleichbar, beginnt er, seien die Schriften des Hippokrates. Sie zu studieren sei eine Ehre. Und doch habe Juno Jupiter den Blitz rauben können, Vergil Verse dem Homer, dem Hippokrates noch niemand hingegen eine Gabe, sei er doch noch kaum verstanden, obwohl so viele sich darum bemühten, um Ruhm zu erwerben, allen voran Galen, der ihn nachzuahmen sich bemüht habe und doch in vielem nicht vorangekommen sei. Umso weniger sei zu verwundern, dass noch niemand gehofft habe, die schwierigen Schriften ins Lateinische zu übersetzen oder es mit Erfolg versucht habe (was er denn in der Folge getan hat), was teils "jener Mann" trotz seiner Bemühungen mit seiner orakelhaften Ausgabe verdunkelt habe, teils wir uns selber Schwierigkeiten machten, wenn wir unser Unvermögen anführten und unsere Bequemlichkeit mit Schwierigkeit bemäntelten. Wer sich wirklich um Hippokrates bemühe, klage nicht über Schwierigkeiten. Er sehe auch nicht, wie einer als Arzt gelten könne, der nicht seine Bildung ganz Hippokrates anvertraut habe. Umso wunderlicher, wenn einer Hippokrates nicht verstehe und sich doch als Arzt ausgebe. Doch nicht nur die Dunkelheit und Schwierigkeit hätten verhindert, dass die Studiosi Hippokrates in Händen hätten, sondern auch der Mangel an Handschriften und deren Verderbtheit. Da habe er sich vor einigen Jahren entschlossen, die medizinischen Studien darin zu unterstützen, dass sie genügend Exemplare und einen verbesserten Hippokrates hätten (1529 [GG 316] wie jetzt). Doch er wolle da weniger seine Leistung als die Bemühungen Hieronymus Frobens und des Nicolaus Episcopius gepriesen sehen, ihre unvergleichliche Neigung zur Unterstützung der Studien, die mit nichts gespart hätten, damit Hippokrates nach drei sehr alten Handschriften und Galen so korrekt wie möglich aus ihrer Offizin hervorgehe, nach Verbesserung von mehr als 4000 Stellen, die in der vorangegangenen Venezianer Ausgabe gänzlich gefehlt hätten oder verderbt gewesen seien. In der Herkunft der Handschriften, die er genau angibt, spiegeln sich die "internationalen" Beziehungen sowohl der Ärzte wie der Drucker: eine habe der Augsburger Arzt Adolph Occo zur Verfügung gestellt, eine stamme aus der Bibliothek Johannes Dalbergs, die dritte habe Hieronymus Gemusaeus, der sie auch für die Frobenii verglichen habe, aus Paris vom Arzt Nicolaus Copus (Kopp), einem Sohn des ehemaligen Basler Leibarztes des Königs von Frankreich (von Franz I.) Wilhelm Kopp ausgeliehen. Er habe nichts leichtfertig geändert, ausser was offensichtlich falsch gewesen sei, so dass er bei zweifelhaften Lesarten meist die gewählt habe, die er bei Galen vorgefunden habe. Ihm, Helt, widme er die Ausgabe, da er mit seinem Ruf als Jurist ihr förderlich sein und als Kanzler des Kaisers sie gegen allfällige Angriffe schützen könne (Cornarius selber war durchaus Anhänger der Reformation). Er wäre ihm dankbar, wenn er sich durch seine Vermittlung dem Kaiser mit der Widmung und Übersendung seiner Übersetzung des Aëtius (bei Froben und Episcopius dann 1542 erschienen) und anderer Sendungen empfehlen könne.

Im Band Ex libris Bibliothecae Academiae Basiliensis L e I 5 ist unser Druck als Nr. l zusammengebunden mit der im selben Jahr bei Andreas Cratander erschienenen griechischen Ausgabe des Paulus Aeginetas durch Hieronymus Gemusaeus (Nr. 2) (GG 353).

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: Le I 5:1

Illustrationen

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Vorrede des Herausgebers Janus Cornarius, gewidmet dem Kanzler Karls V. Matthias Helt am 26. März 1536, 1. Seite

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Vorrede, 2. Seite

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Kolophon