GG 403

D. Ioannis Chrysostomi Archiepiscopi Constantinopolitani in omnes D. Pauli epistolas commentarij, quotquot apud Graecos extant latinitate donati, quorum bona pars quae hactenus desiderabatur, recens a D. VVolfgango Musculo traducta est... Basel: Johannes Herwagen 1536. Fol.

In einem zweiteiligen dicken Folioband erscheinen 1536 bei Johannes Herwagen, dem Stiefvater Hieronymus Frobens, der sich 1531 von diesem und dessen Schwager Episcopius getrennt hat, sämtliche Kommentare des Chrysostomus zu den Briefen des Paulus, "soweit sie bei den Griechen erhalten sind", in lateinischer Übersetzung, zu einem guten Teil in neuer Übersetzung - von Wolfgang Musculus - und Erstdruck. Die Übersetzer der einzelnen Kommentare sind, worauf auf der Titelseite hingewiesen wird, jeweils zum Beginn jedes Kommentars genannt: derjenige zum Römerbrief stammt ganz von Musculus (auch Homilien 1-8); Korinther 1 von Francesco Aretino, Korinther 2 Homilie 1-7 von Erasmus, 8-29 ohne Angabe wohl von Musculus, Galaterbrief von Erasmus (von 1527 mit der alten Widmung), die folgenden (Epheser, Philipper, Kolosser, Thessaloniker) von Musculus, Timotheus von unbekannt (incerto interprete) und auch Titus, Philemon und Hebräerbrief in älteren Übersetzungen (Ambrosius Camaldulensis bzw. Mutianus Scholasticus). Die Seitenzahlen der beiden Teile überschneiden sich: Teil 1 geht bis Seite 619, Teil 2 beginnt mit Seite 514 (davor noch Widmung von 1527); daraus ist wohl zu schliessen, dass man mit dem zweiten Teil schon zu setzen und zu drucken begonnen hatte, bevor der erste Teil abgeschlossen war, man seinen Seitenumfang kannte. Das Vorwort an den Leser stammt nicht vom hauptsächlichen Ãœbersetzer dieser neuen Ausgabe, sondern vom Drucker-Verleger Herwagen. Musculus (Dieuze in Lothringen 1497 - Bern 1563) wirkte seit 1531 als Prediger in Augsburg, wo er daneben griechische Kirchenväter ins Lateinische übersetzte und sich mit Arabisch beschäftigte; nach der Niederlage 1546 des Schmalkaldischen Bundes flüchtete er nach Zürich, Basel und Konstanz und wirkte von Februar 1549 an als Professor der Theologie in Bern. Herwagen führt aus, wie der gute Verkauf und die Anerkennung des vor einigen Jahren herausgegebenen Teils der Kommentare des Chrysostomus (1530/31 [GG 399], 1533 [GG 400]) den Plan geweckt hätten, auch das damals Fehlende von einem der vielen derzeitigen Gelehrten ins Lateinische übersetzen zu lassen. Da habe der sprachengelehrte Theologe Wolfgang Musculus seine Übersetzung des Römerbriefkommentars zum Druck geschickt (nach den Worten des Musculus von 1539 ist sie ohne sein Wissen zu Herwagen gelangt...) und versprochen, die noch fehlenden Pauluskommentare des Chrysostomus innert weniger Tage zu senden. Diese Gelegenheit hätten sie sofort ergriffen, zumal sie die Gelehrten zu diesem Übersetzer beglückwünscht hätten. Über den Sinn hinaus würde er auch im Stil Chrysostomus ebenbürtig sein. So seien nun sämtliche Pauluskommentare, die bei den Griechen noch vorhanden seien, hier auch lateinisch greifbar (griechisch waren sie es im Druck noch lange nicht). Auch über Echtheit und Unechtheit könne sich nun der Leser selber ein Bild machen (wie Erasmus es ihm 1530 über sein eigenes Urteil hinaus ebenfalls freigestellt hatte). Gedankenführung, Stil und christlichen Geist zeigten die alten christlichen Autoren, unter ihnen Chrysostomus. Kalt und kindisch seien ihm und seiner christlichen Frömmigkeit gegenüber die heidnischen Philosophen und Redner. Er biete Beispiele für die Jugend.

Exemplar aus der Bibliothek der Kapuziner Offenburg ("zwar von einem häretischen Autor, doch dieses Werk sei nach Index erlaubt"): F J VI 19.

Bibliothekskatalog IDS

Signatur: FJ VI 19

Illustrationen

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Titelseite mit Besitzervermerk des Kapuzinerklosters Offenburg. Neben dem Namen des Übersetzers steht die Bemerkung, dieser sei zwar häretisch, das vorliegende Werk jedoch gemäss Index erlaubt.

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Vorrede des Druckers Johannes Herwagen an den Leser, 1. Seite

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Vorrede, 2. Seite

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Anfang des Kommentars des Johannes Chrysostomus zum Römerbrief

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Titelseite des 2. Teils

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Letzte Textseite mit Kolophon

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Druckermarke von Herwagen