Scheuchzer, Johannes an Bernoulli, Johann I (1718.09.18)

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Autor Scheuchzer, Johannes, 1684-1738
Empfänger Bernoulli, Johann I, 1667-1748
Ort Zürich
Datum 1718.09.18
Briefwechsel Bernoulli, Johann I (1667-1748)
Signatur Basel UB, Handschriften. SIGN: L Ia 668, Nr. 108*
Fussnote Beilage: Deutsche Beschreibung eines Verfahrens zum Abdruck von Gemmen.



File icon.gif Monsieur mon Trescher Patron

Ce qui m'arrive est toute à fait imprevû.[1] M.r Soranzo avant que de sortir du College des Reformateurs, s'est declaré pour moy, et l'Election est faite, il ne manque que la confirmation du Senat, que nous attendons la premiere poste, ainsy, que j'auray l'honneur et le plaisir de me rejouir dans la compagnie de M.r Vôtre Neveu,[2] si je puis vous faire plaisir dans ce poste là comptés sur ma promptitude. Astheure je me moque des oppressions, des quelles je n'êtois jamais sûr, et des quelles j'ay eû des echantillons fort souventes fois. Vous sçavés que depuis 3 Ans j'ay eû une peine pour ainsy dire diabolique avec la Bibliotheque publique, et tout nouvellement on a fait un decret devant le Senat, qui fait connoitre indirectement, que le Bibliothecaire n'aura jamais un Salaire, cela pourtant à ce que j'espere, changera, lors qu'il y aura un Bibliothecaire favori. Je m'applique le proverbe, si duplicantur lateres venit Moses;[3] il y a toujours des issües pour les honnethommes.

Vous vous moqués de moy lors que vous faites des difficultés à me demander comment que l'on fait les copies des pierres taillées, car vous sçavés fort bien que je vous dois tout, et que je n'ay jamais une joye plus grande, que, lors que je vous puis faire quelque plaisir, aussy ce n'est pas un secret, car le proces est inseré dans les Mem. de l'Acad. Roy.le de Paris l'Année 1712.[4] Je n'ay pas pourtant voulû manquer à vous envoyer le papier cy joint,[5] qui contient plusieurs observations, qui ne sont point dans les dites Memoires: mais je ne sçaurois vous dire tant, que la pratique même ne vous enseigne encore d'avantage; et pour vous faire comprendre tout à fait la chose, j'ay voulû vous envoyer une forme faite, avec un mourceau de verre, pour que vous puissiés faire l'Epreuve vous même au feu, et que vous puissiés voir comme cela se fait. En Italie j'auray l'occasion de faire des belles choses, les quelles vous seront communiquées, car je vois que vous avés une envie d'y travailler, comptés[6] là dessus,[7] c'est un plaisir, et un deFile icon.giflassement: outre qu'en fort peu de temps on se fait un Cabinet des plus belles pieces de l'antiquité, où les copies ne cedent quasi rien aux originaux; et tant plus que la terre Tripolitaine (tripel)[8] est subtile, et reduite dans une poudre plus fine, tant plus les flueurs[9] seroient polies et approchantes aux originaux.

Quand on a des empreintes en cire d'Espagne que l'on voudroit avoir en verre, le meilleur est de se servir du Soufre fondu pour en tirer le concave, si l'original a la gravure enfoncée, ou le convexe, si la gravure est en relief, et alors on fait la forme ou la moule dans les anneaux de fer en Triple, pour en tirer une copie conforme à l'Original.

Je vous remercie de vos empreintes que vous m'avés envoyé;[10] hier au soir elles ont fait voyage en Italie, mes tresh. compliments s'il vous plait à M.r le D.r Iselin, et mes obligations.

Avanthier le matin à 3 heures nous eûmes un incendie furieux, une maison vis à vis du Cabaret de l'epée s'etant mise toute en feu subitement, la diligence de Nos braves bourgeois et paisans a fait en sorte que les deux maisons voisines[11] c'est à dire la tour Rouge et le cabaret de la Cicogne ont êté sauvées, bien que l'on n'ait pas pû agir que d'un côté toutseul, l'autre regardant la riviere, et y etant contigüe, je n'ay jamais vû un feu aussy furieux et violent, et c'etoit quasi un miracle de l'avoir pû dompter à si peu de degat.

Mes tresh. Respects je vous supplie à Madame votre chere Epouse, mes compliments à M.r Vôtre fils et à toute vôtre belle famille, et je suis comme vous sçavés Monsieur et cher Patron Votre treshumble et tresobeïssant Serviteur D.r Jean Scheuchzer.

Zuric en hâte ce 18. 7bre 1718.

File icon.gif [12] Manir die Gemmas in glaß[13] abzudrucken.

Die Haubt-Materi die darzu am nöthigsten ist Venedischer tripel, so man zum Glaß-poliren gebraucht, solcher muß erstlich gestoßen, und durch ein sehr feines taffet-Sieb gesiebet werden, so daß Er einem sehr subtilen staub gleichet, der zwüschen den fingeren keine[14] marque einiger räuche von sich spühren läßt, dann wo das wäre so müßte Er annoch auf einem reibstein abgerieben werden, und dise Erden wird zu der form gebraucht auf folgende weiß.

Man nimpt mitunder ein feines sand- oder auch ziegelstein-Mähl, vermischt solches mit waßer und Pulverisiertem lett, biß die Massa, so man sie in der hand drucket sich umb etwas ballen, und in ein klumpen bringen laßet, mit sothaner Materi füllet man die eisernen ring gäntzlich an, in dem Man selbe umb etwas druket, so wird die untere seithen so auf einem brätt liget gantz platt, die andere aber erhoben, so dann wird die platte seithen mit einem pensel so in wasser[15] geduncket wird, wol angefeüchtet, und darauf thut Man immediate den Pulverisirten tripel etwann eines guten Meßer-ruggen dik, und auf disen leget man die gemmam, und auf dise ein Papir, daß man die gemmam samt dem ring ohnverrukt umbwenden kan, daß die gemma auf dem brätt zu ligen komt, so dann drucket Mann die über den ring hervor sehende Materi so hart alß man kan in dem ring hinein, und ebnet das übrige mit einem meßer ab, so dann kehrt man den ring widerumb umb, und macht mit einem kleinen spitzigen meßer einen raum umb die gemmam, laßet es also unverrukt stehen biß der tripel so umb die gemmam herumb ist, gantz angenezt ist, so ein zeichen ist daß die feüchte auch inwendig durchgezogen, so dann lupft man mit einer nadel allgemach die gemmam, ohne daß man sie gäntzlich aufhebt, hebt den ring samt der gemma in die höhe, kehrt den ring umb daß die gemma abfallet, bleibt nichts in denen holen theilen der gemmae kleben so ist die form gut und richtig, widrigen fahls muß die operation reïterirt werden. Diß sind die haubtvortheil im formen, die practique aber zeiget einem curioso das mehrere. Sind die gemmae gefaßt, so muß mann die gemmam auf den tripel trucken nach dem der eiserne ring von obiger gröbren Materi hart angefüllt ist, und wann die feüchte durchgezogen die gemmam sacht in die höhe heben, und solches thun von einer seithen h[är], da es sich am kommlichsten thun laßet, welches die tieffungen in der gravure und die practique zeigen müßen.

Wann die form fertig, so legt man sie umbgekehrt auf einem Papyr auf einen offen damit sie trucken werde, und aber keinen staub an sich nemmen könne: so dann legt man ein stüklein glaß darauf, stellt die form samt dem glaß ein wenig nahe zum feür, damit das glaß allgemach heiß werde, so dann in das feür selbsten, hirnach gibt man achtung wann das glaß lind wird und flüßig, so geschihet wann die scharffen börte deß glases stumpf und rund werden, und umb etwas hell und leüchtend, so dann nimt man mit einer Zangen die form auß dem feür, stellt sie auf einen platten stein, und drukt mit einem platten stein auf das glaß, so ist der abdruck gemachet; man muß aber also bald das gedrukte glaß mit einer heißen kohlen deken und bey seiths stellen, und allgemach erkalten laßen, nach dem diß geschehen, lupft man das glaß ab der form weg, klimmt mit einer Zang die bort ab, damit der abdruk nit zerspring[e] File icon.gif welches oftmahlen geschihet, wann man den kalten abdruck eins mahls in warme hände nimmt, scil. wann die rand nicht abgeklemmt sind entweder gantz oder wenigstens nur an einem Orth. Der offen aber darzu hat folgende form Figure icon.gif[16] ein etwann ½ zoll dikes eißen 3 bis 4 zoll breit worauf die formen gestellt werden.

ein fornix oder gewölblein, so ich von einem großen schmeltzdigel so in 2 theil gesagt wird, mache: worunter die formen gestellt werden, damit keine kohlen drauf fallen.

Übriges ist der offen der gäntzlich muß mit schmidkohlen angefüllt sein, und soll man keine formen hineinstellen, biß alles wol erhizget und feürig ist. Wann auch das Eisen 4 zoll breit ist und die weite deß fornicis bis 6 zoll haltet, so kan man 2, 4, ja auch 6 formen mit einander ins feür stellen, so daß man eine große menge in kurzer zeit von solchen abdrücken verfertigen kan.

NB. der fornix muß an der hintern wand deß offens nit anstehen sundern etwan 2 zoll raum darzwischen haben. Item wann die formen im feür, so muß man die öffnung deß fornicis mit einer großen erhizten kohlen zu decken.

das Eisen, in die quär durchschnitten, der fornix wie er auf dem Eisen stehen muß die figur aber repraesentirt die section deß offens der länge nach mitten über den dorsum fornicis.

Es ist über diß bey dem gantzen process wol zu gewahren, daß wann die kohlen abgeschwunden daß man frische hinein legen muß, daß man die frischen nit unter den fornicem lege, sonder auf den selben, maßen sie gerne knallen und kleine Spreißlein von sich werffen, die sich gerne zwischen das glaß so auf der form liget, und die form selbs, hineinmachen, die dann allezeit den abdruck verderben.

Spanisch wax- und schweffel formen kan man anderst nicht gebrauchen alß daß man dise erstlich in tripel formire, und dann auß disem obersagter maßen in glas, und auß disem erst dann, so man z. Ex. auß erhoben hol machen will widerumb in schwefel, und dan auß disem in tripel und glaß.

Und diß ist der gantze process gleich ich Ihne mit allerbestem Success practicire, so ein und andere cautelam in sich hältet, die in dem Memoires de l'Academie nit enthalten.

Eine gewaltige Abbreviation ist auch dise wann Man einen Spanischwax abdruck [ü]ber schriebener Maßen in schweffel nimmt, und dann außdisem in tripel und glaß, [d]ann auf sothane weiß erspahrt Man daß einte Mahl in glaß zu machen, und wird der process umb halb kürtzer.

File icon.gif [17] Die Zangen wormit man die Bort abklimmt ist eine lamina ferri etwann 1 Zoll breit und 1 linie oder 1½ dik die zusamen gelegt ist wie die figur weiset. Kan woll bis 8 Zoll lang sein. Figure icon.gif[18]



Fussnoten

  1. Die Meldung der Wahl Scheuchzers zum Professor der Botanik in Padua erwies sich nachträglich als falsch. Siehe dazu die Briefe von 1718.10.09 und 1719.03.19.
  2. Nicolaus I Bernoulli war von Dezember 1716 bis Oktober 1719 Professor der Mathematik in Padua.
  3. "Werden die Ziegel verdoppelt, kommt Moses zur Hilfe." Dieses Sprichwort hat die gleiche Bedeutung wie "Wenn die Not am grössten ist, ist Gott am nächsten". Siehe Bähr, Andreas, Furcht und Furchtlosigkeit. Göttliche Gewalt und Selbstkonstruktion im 17. Jahrhundert, Göttingen 2013, p. 352.
  4. Homberg, Wilhelm, Maniére de copier sur le verre coloré les pierres gravées, in: Mém. Paris 1712 (1731), pp. 187-194.
  5. Siehe den Anhang weiter unten.
  6. Im Manuskript steht "compté".
  7. Dieses Komma wurde ergänzt.
  8. "Tripel (Tripelerde, terra tripolitana), Mineral, ist Kieselerdehydrat mit etwas Eisenoxydhydrat gemengt, ist graulich gelb, erdig, fühlt sich weich u. mager an, färbt etwas ab, läßt sich leicht zwischen den Fingern zerreiben; saugt Wasser ein u. erweicht dadurch; besteht nach Ehrenberg aus den Kieselpanzern von Infusorien. Findet sich zu Tripolis, in Böhmen; ist meist schieferig u. bildet dann den Tripelschiefer (Polirschiefer, s.d.). Wird zum Poliren u. Putzen von Glas u. Metall benutzt" (Pierer's Universal-Lexikon, vol. 17, Altenburg 1863, p. 839). Siehe dazu auch den oben zitierten Beitrag Homberts in den Mém. Paris von 1712, p. 191.
  9. Zum Begriff "flueur" (Glasfluss) siehe die Anmerkung im Brief von Johannes Scheuchzer an Johann I Bernoulli von 1718.06.12.
  10. Siehe Johann I Bernoulli an Johannes Scheuchzer von 1718.09.14.
  11. Die folgende Passage findet sich zur Einfügung auf der nächsten Seite.
  12. Beilage von Scheuchzers Hand.
  13. Im Manuskript ist das Doppel-S bei in deutscher Schrift geschriebenen Wörtern mit einem Schriftzeichen wiedergegeben, das als "ss" oder "ß" gelesen werden kann. Es wurde in der Transkription mit ß umgesetzt. Ein Doppel-s wurde nur dort beibehalten, wo Scheuchzer es wegen einer Worttrennung verwendet sowie in den im deutschen Text verwendeten lateinischen Ausdrücken.
  14. Hier folgt im Manuskript eine Streichung, wobei das zweite Wort "räuche" irrtümlicherweise nicht gestrichen wurde.
  15. Hier verwendet Scheuchzer wegen der Worttrennung ein Doppel-s.
  16. Figur.
  17. Folgender Text findet sich als Nachtrag zur Beilage auf der Rückseite der letzten Briefseite.
  18. Figur.


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